Wie ich in meinem letzten Bericht erwähnt habe, war ich für eine Woche in Peer (Belgien) am Trainieren. Eine lange Reise hatten wir am Montag hinter uns, als wir in mitten einer flachen Landschaft ein grosses Gebäude entdeckten – unser Trainingsort für die nächsten vier Tage. Die Skihalle in Peer ist 350 Meter lang und hat eine Höhendifferenz von rund 65 Meter. Der Temperaturunterschied von 30°C Aussentemperatur auf 0°C Innentemperatur war ziemlich seltsam. Am Morgen rückten wir jeweils im T-Shirt und kurzen Hosen aus um Skifahren zu gehen – echt ein aussergewöhnliches Gefühl!

Das Trainingscamp in Peer war körperlich sowie psychisch nicht ein einfaches Camp. Pro Tag hatten wir zwei Trainingseinheiten à je zwei Stunden. Das Förderband in der Halle hat uns jeweils schnell wieder nach oben gebracht und so konnten wir um die 15 Fahrten pro Einheit machen. Jede einzelne Fahrt hat uns alles abverlangt. Die Piste in der Halle ist sozusagen 100% aus Eis. Bei solchen Bedingungen muss jede Bewegung und jede Position vollkommen passen, damit der Ski funktioniert und ein schneller Schwung entsteht. Zudem muss das Material ebenfalls in einem perfekten Zustand sein. Pro Einheit habe ich bis zu drei paar Slalomskis gebraucht. Somit hatte ich immer scharfe Kanten auf welche ich mich verlassen konnte. In der zweistündigen Pause zwischen den beiden Einheiten mussten wir die benutzten Skis wieder präparieren und die Kanten messerscharf schleifen.

So richtig mit der Skihalle anfreunden konnte ich mich nicht. In der ersten Session lief es zwar erstaunlich gut und ich konnte von Beginn an ziemlich perfekte Schwünge ins Eis „zaubern“. Als ich jedoch nach ein paar guten Läufe den Ski wechselte, funktionierte plötzlich nichts mehr. Sehr wahrscheinlich hatte ich mich beim präparieren verschliffen und das „Setting“ passte nicht. Ich versuchte mit komplett falschen Bewegungen trotzdem einen Schwung hinzubekommen. Das Timing passte aber gar nicht und das „Leiden“ begann. Das Eis sorgte dafür, dass die Kippstangen schneller als normalerweise zurückkommen und durch das unpassende Timing, war ich zu diesem Zeitpunkt mit dem Schwung noch nicht fertig. Es schlug mir eine Stange nach der anderen an den Oberarm. Als ich nach der ersten Einheit das Termoshirt auszog, sah ich ein blauer und violetter Oberarm. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, wie ich so noch weitere 6 Sessions aushalten soll.

Bei der zweiten Session versuchte ich dann reflexartig meinen Arm zu schützen. Dies sorgte dafür, dass die Körperposition noch schlechter wurde und so noch weniger funktionierte. Ich bekam weitere Schläge ab und am Abend sah mein Arm schrecklich aus. Nicht nur ich hatte blaue Flecken – alle vom Team liefen umher als wären sie in einer grossen Schlägerei verwickelt gewesen.

Am nächsten Tag wurden wir kreativ und wir versuchten die Stellen irgendwie zu polstern. Es schmerzte zwar immer noch, wenn eine Stange aufprallte, jedoch nur noch halb so stark. Im Kopf war ich aber ganz und gar nicht bereit. Diejenigen von euch, welche am Spaghettiabend waren oder meine Blogeinträge schon eine Weile verfolgen wissen; wenn der Kopf nicht bereit ist, dann funktioniert gar nichts mehr. So war es auch in der Skihalle. Ich hatte schon fast „Angst“ von den Stangen und verkrampfte mich so sehr, dass ich keinen Lauf mehr ins Ziel brachte.

Am zweitletzten Tag habe ich meinen Tiefpunkt erreicht. Ich habe keinen einzigen anständigen Schwung mehr auf die Piste gebracht und ich musste einen Sturz nach dem anderen verkraften. Alles schmerzte und meine Motivation war im Keller. Früher als geplant, verliess ich frustriert die Halle und packte meine Sachen. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich nur noch nach Hause.

Am letzten Vormittag hatten wir schliesslich die letzte Session in der Halle, bevor wir uns wieder auf den Weg in die Schweiz machten. Ich hatte das Ziel mit einem einigermassen guten Gefühl abreisen zu können. Ich konnte mich zusammenreissen und mein Kopf resetten. Bis zum Ende brachte ich wieder einen ganzen Lauf mit ansehnlichen Schwüngen zustande.

Vermissen werde ich die Halle sicher nicht. Trotzdem finde ich nachträglich, dass es eine gute Erfahrung war und ich gestärkt aus dieser Woche gehen kann. Wir trainieren, um unser Ziel zu erreichen. Dieses Ziel befindet sich im obersten Stockwerk des Burj Khalifa (dem höchsten Gebäude der Welt). Wir könnten den Lift benützen, würden aber dabei nichts lernen. Wir nehmen also die Treppe – ein harter Weg der nicht konstant nach oben geht. Es gibt Zwischenstockwerke, bei denen es gerade aus geht. Die braucht es aber um anschliessend wieder an Höhe gewinnen zu können. Ich bin optimistisch und blicke positiv auf die kommenden Skitage.

Die Slalomskis gehen jetzt erst einmal auf die Maschine, damit sie wieder im perfekten Zustand sind und werden dann für eine kurze Zeit nicht gebraucht. Eine lange Pause haben wir nicht – nächsten Donnerstag rücken wir ins nächste Camp ein. In Saas-Fee erwartet uns ein Speed Training. Die Trainer von Swiss Ski haben mich für das U19 Speed Camp aufgeboten. Somit darf ich während ein paar Tagen meine ersten Erfahrungen auf den Abfahrtskis sammeln. Ich freue mich riesig darauf!!!

Bis dahin muss ich aber auch noch ein paar Tage in die Schule und die ein oder andere Prüfung nachholen – schliesslich habe ich hier auch ein Ziel;)

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1 Kommentar

Müusi · September 10, 2022 um 10:56 am

Hey Rakete Lorin, farbige Erfahrungen in Belgien – hoffe keine bleibenden Schäden. Auf jeden Fall bist Du wieder mindestens 1 Erfahrung reicher! Ausprobieren, mental weiterhin für Neues bereit sein und die bevorstehenden Aktivitäten vorbereiten… u witerhin Gas gäh! Dranne blibe, fröiä mi uf Nius u bis gli

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